Redebeitrag von Stadtrat Andreas Koch in der gemeinsamen Sitzung des Verwaltungsausschusses und des Kulturausschusses vom 29. April 2024.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,
namens der SPD-Gemeinderatsfraktion möchte ich zum Thema Stadtbücherei ein paar grundsätzliche Anmerkungen machen. Vielleicht tut ein solcher Augenblick der Besinnung ja ganz gut. Von der Aufgeregtheit um uns herum kann man das nicht behaupten. Im Gegenteil: Sie verstellt den Blick dafür, dass es keine Partei, sondern eine Krise der Innenstadt war und ist, welche die erneute Standortdiskussion angezündet und befeuert hat. Damit aber fehlt dieser Diskussion fast von Anfang an eine wichtige Komponente, nämlich die Frage, welchen Beitrag die Bücherei leisten sollte, um das Herz Esslingens, die Innenstadt, wiederzubeleben. Dazu gleich mehr.
Zuvor etwas, was auch Sie, Herr Oberbürgermeister, schon angesprochen haben: der mangelnde Respekt dem städtischen Personal gegenüber. Bis in die Verwaltungsspitze hinauf machen diese Frauen und Männer einen guten Job. Es gibt keinen Grund – es ist niemand aus dem Gemeinderat gemeint –, hämisch Schorndorf als Entsorgungsort für eine angeblich unfähige Esslinger öffentliche Hand heranzuziehen. Stattdessen sollten wir froh sein über alle, die trotz dieses Bashings noch hier sind. Die SPD stellt sich vor Sie, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Sie haben mehr Respekt verdient.
Zurück zur Sache selbst! Leute wie ich, höre ich sagen, würden den Bürgerentscheid mit Füßen treten. Dagegen verwahren wir uns. Ich selber zum Beispiel habe noch im Frühherbst 2023 die zuständigen Bürgermeister gebeten: „Schickt endlich Handwerker in den Pfleghof!“ Diesem Vorhaben hat nicht etwa die SPD, sondern der kriselnde Einzelhandel in die Speichen gegriffen. Plötzlich stand da nämlich die Schließung des Traditionsgeschäfts Kögel im Raum und mit ihr nicht nur ein veritables Problem, sondern für die Bücherei auch eine weitere Standortalternative, die es bis dahin nicht gab.
Apropos Bürgerentscheid: Ich rate freundlich dazu, dessen Ergebnis sehr, sehr ernst zu nehmen. Aber wir dürfen dieses Instrument auch nicht überhöhen oder gar seinen Ergebnissen gar Ewigkeitscharakter zuzumessen. Politik ist Gott sei Dank nicht immer statisch, und ergibt sich unvermutet eine noch größere Chance als bisher, sollte man sie nutzen.
Karstadt, Kögel, die Innenstadt als Ganzes: Ich bin Ihnen, Herr Oberbürgermeister, dankbar, dass Sie mit offenen Augen durch die Stadt gegangen sind, die Brisanz von zwei prominenten Leerständen erkannt haben und phantasievoll genug waren, der drohenden Tristesse mit einem Ideendoppelpack zu begegnen. Dessen einer Teil sieht den Umzug der Stadtbücherei in das Ex-Modehaus Kögel vor. Damit freilich ist das Büchereithema, wie vorher schon gesagt, in den Gesamtzusammenhang der Innenstadt und ihrer Probleme gestellt. Die Folge: Die Frage, wo die Bücherei am besten beheimatet ist, kann nicht mehr nur entlang des
Bürgerentscheids beantwortet werden. Wichtig ist auch ein anderes Kriterium, nämlich das der stabilisierenden, besser noch belebenden Funktion der Bücherei innerhalb des Gesamtkomplexes Innenstadt. Und da sieht die SPD das Kögel-Gebäude vor dem Pfleghof stehen.
Übrigens hat die Eßlinger Zeitung in der Idee, die Stadtbücherei unter das Kögel-Dach zu nehmen, einen Vorschlag gesehen, der den Streit befrieden könnte: „Dieser Vorschlag kommt aus dem Nichts und hat zumindest auf den ersten Blick das Zeug, für Begeisterung zu sorgen. Ob er eine Chance zur Verwirklichung hat, wird sich zeigen. Was nicht geschehen sollte: diese Idee gleich abzubügeln, und sei es nur, weil es nicht die eigene ist.“ (Eßlinger Zeitung, 14. September 2023)
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, ich verliere kein schlechtes Wort über den Bebenhäuser Pfleghof und seine Protagonisten. Umgekehrt sollten diese aber auch nicht mit nachgewiesen haltlosen Behauptungen arbeiten. Stattdessen möchte ich pro Kögel reden. Ja, es sind nur ein paar hundert Meter von da nach hier, aber als augenfälliger Stadteingang in Richtung Rathausplatz und Marktplatz sowie als Bindeglied zwischen der alten Fußgängerzone Innere Brücke und der neuen in der Ritterstraße und überhaupt als Verbindungsstück zwischen östlicher und westlicher Altstadt kommt nur ein Bücherhaus im Kögel in Frage!
Über alles andere ist schon gesprochen worden: über die Barrierefreiheit, die größere Fläche, die Trennung von Bau- und Bibliotheksarbeit, die Begeisterung des Teams für das
neue Domizil und, und, und. Übrigens: Auch wenn das Ganze noch unkonkret ist, ist für mich, ist für die ganze SPD der Bebenhäuser Pfleghof als Nukleus eines Kulturzentrums gesetzt. Und noch etwas: Wir reden über den Standort einer Bücherei – nicht mehr und nicht weniger. Die Auseinandersetzung darüber aber trägt fast religiöse Züge. Und es zerbrechen Freundschaften an ihr. Das darf doch nicht wahr sein, oder?!
Fazit: Die Bücherei in den Kögel – es gewinnt die Bücherei und es gewinnt auch die Innenstadt. Das ist unser Ziel, dafür setzen wir uns ein. Gehen Sie im Gemeinderat und darüber hinaus diesen Weg mit uns mit!