Herr Vorsitzender, Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren!
„Die Mama und ihre Bücherei“ stöhnt die Familie. „Können wir bitte auch über Kitas, Klinik und Klimaschutz sprechen?“ fordern die Freunde. „Okay, your main topic seems to be your library“ staunen die ukrainischen Kolleginnen. Vielleicht geht es Ihnen ja ähnlich: Ein Austausch über den Tellerrand hilft für die Einordnung eines Themas, für das Erkennen der Relation. Relation, das erste Stichwort. Emotion, Information, Intention stehen noch auf meiner Liste.
Emotion
Natürlich gehören Emotionen zur Bücherei, ist sie doch das ganze Jahr ein wichtiger Ankerplatz für viele Menschen. Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Wir sind in jüngeren Jahren x-mal umgezogen. Meine erste Frage in einer neuen Stadt lautete, wo ist die Bücherei und wie komme ich da alleine hin.
Um was geht es heute? Stichwort Information:
Ich bitte um Verständnis, hier wird es Wiederholungen geben. Aber unser Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern zeigte deutlich, dass ein Bedarf an sachlicher und ausgewogener Information besteht oder andersherum formuliert: Wir hörten am Ende eines Gesprächs oft: „Ah, das sind Aspekte, die kannte ich noch nicht.“
Grundsätzliches:
Wie lauten seit Jahrzehnten die Wünsche für die Bücherei? Mehr Fläche, mehr Barrierefreiheit, mehr Plätze für Lerngruppen. Beim Bürgerentscheid 2019 votierte eine klare Mehrheit für eine Modernisierung und Erweiterung in der Heugasse und gegen einen Neubau in der Küferstraße. Es folgten Pandemiejahre, Verdreifachung der Baukosten. 2022 ein neuer GR-Beschluss: Sanierungsmaßnahmen in Höhe von 17 Mio Euro.
Hierzu ein kurzer Einschub: Das verkrampfte Narrativ, die SPD-Fraktion habe beantragt, den Bürgerentscheid aufzuheben, ist schlichtweg falsch. Nein, hat sie nicht. Es war ein von der Verwaltung formal-juristisch begründeter Antrag, der mehrheitlich vom GR angenommen wurde. Hier empfiehlt sich für die eine oder den anderen ein sorgfältiges Studium des Beschlussprotokolls.
Stichwort Präzision:
Wir gehen weiter. In 2023 die Nachricht: Kögel und Karstadt schließen. Krisensituation und die Sorge, wie erhalten, wie stärken wir die Attraktivität der Innenstadt? Welche neuen Möglichkeiten bieten die freiwerdenden zentralen Gebäude? Unser Kernthema heute: Stadtbücherei im Modehaus Kögel.
Kollegin Müller und Kollege Koch haben am 29.04. bereits ausführlich unsere Argumente pro „Neue Bücherei im Kögel“ und Kulturzentrum im Pfleghof“ dargelegt. Deshalb kurz und kompakt:
– 1.000 qm mehr Fläche
– Barrierefreiheit
– Zentralste Lage
– Die mehrheitlichen Plädoyers des Jugendgemeinderats, des Netzwerks Kultur und des Büchereiteams
– Kein Umbau im laufenden Betrieb
– Keine denkmalpflegerischen Einschränkung
Option und Intention: Meine beiden letzten „-tions“
Informationsveranstaltungen vor Ort, Sitzungspräsentationen, Berücksichtigungen von Anträgen, Beantwortung von Fragen – all das mündet heute in eine ausführliche, umfangreiche Beschlussvorlage. Und, geschätzter Fraktionskollege Koch, ich weiß, Sie werden 5 Euro fürs Fraktionsschweinderl fordern, ich tue es trotzdem. Ja, ich lobe die Verwaltung und danke stellvertretend Frau Fleischer, Frau Heyder und Herrn Kopper für all die Vorbereitungsarbeit.
Was entscheiden wir heute? Wir entscheiden über eine Zielrichtung, über Aufgaben auf dem Weg zum Ziel, und über eine Absichtserklärung. Wer den Blick weitet und wahrnimmt, vor welchen Herausforderungen die Innenstädte stehen, wird erkennen, welch gute Option sich uns hier bietet. Die Vermeidung von Leerstand und die Verbesserung der Aufenthaltsqualität sind zentrale Aufgaben,
die insbesondere auch durch öffentliche kulturelle Angebote erfüllt werden können.
Treffend formuliert es eine langjährige Nutzerin der Bücherei: „Ich sehe die neue Bücherei im Kögel, dies ist keine Entscheidung gegen den Pfleghof, sondern eine Entscheidung für die Bücherei, für die Innenstadt, für Esslingen.“
Wir stimmen ihr und den Anträgen der Verwaltung zu.
Rede von Ulrike Gräter in der Sitzung des Gemeinderates vom 13. Mai 2024